Bundestag beschließt neues Verfahren in Familiensachen

Rechtsnews von Jürgen Schütt

Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen soll grundlegend reformiert werden, indem es in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und vollständig neu geregelt wird. Der Deutsche Bundestag hat am 27.06.2008 das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) beschlossen. Der Bundesrat muss der Reform noch zustimmen, die dann am 01.09.2009 in Kraft treten soll. Die Zustimmung gilt aber als sicher.

Einer der Kernpunkte der Reform ist, dass in Kindschaftssachen dringliche Angelegenheiten, insbesondere Streitigkeiten über das Umgangsrecht, künftig vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden. Zudem sollen die Verfahren zeitnah verhandelt werden. Das Gericht solle den Fall spätestens einen Monat nach Eingang des Antrags mit allen Beteiligten erörtern.

Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes sollen nach Angaben des Bundesjustizministeriums verstärkt werden. In schwierigen Fällen werde das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt. Dessen Aufgabe solle sein, im gerichtlichen Verfahren die Interessen des Kindes zu vertreten und das Kind über den Ablauf des Verfahrens und die Möglichkeiten der Einflussnahme zu informieren. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahrenspfleger könne der Verfahrensbeistand auf Anordnung des Gerichts eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und zu einer einvernehmlichen Umgangsregelung – etwa durch Gespräche mit den Eltern – beitragen. Das über 14-jährige Kind solle sich künftig zur Durchsetzung eigener Rechte selbst vertreten können.

Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen solle effektiver werden als bisher. So könne das Gericht künftig Ordnungsmittel verhängen, wenn gegen Umgangsentscheidungen verstoßen werde. Diese könnten – anders als Zwangsmittel – auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden. Zudem werde es künftig möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser solle bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht.

In Scheidungssachen müsse der Antragsteller künftig schon im Scheidungsantrag angeben, ob die Ehegatten sich über die Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangs und des Unterhalts verständigt haben. Das solle die Eltern dazu anhalten, vor Einleitung des Scheidungsverfahrens die künftigen Lebensumstände der Kinder zu klären. In Unterhaltssachen solle die Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch weitergehende Auskunftspflichten der Beteiligten verbessert werden.

Eingerichtet wird ein sogenanntes Großes Familiengericht. Damit soll nach Angaben des Ministeriums die sachliche Zuständigkeit der Familiengerichte erweitert werden. Es werde den Gerichten ermöglicht, alle durch den sozialen Verband von Ehe und Familie sachlich verbundene Rechtsstreitigkeiten in einer Zuständigkeit zu entscheiden. Das Vormundschaftsgericht solle aufgelöst werden, seine Aufgaben vom Familiengericht und vom Betreuungsgericht übernommen werden. Das führe zu einer Straffung gerichtlicher Zuständigkeiten.

Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält zugleich eine Reform des Verfahrens in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die ebenfalls am 01.09.2009 in Kraft treten soll. Das bisher geltende Verfahrensgesetz (FGG) für diese Verfahren, also Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen, stamme aus dem Jahre 1898 und sei vielfach geändert worden, erläuterte das Ministerium. Dieses Gesetz solle durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt werden. Die neue Verfahrensordnung definiere erstmals umfassend die Verfahrensrechte und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten und sichere ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

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